Exponat des Monats 12/2017: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Rotkreuz Museum Innsbruck
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Zur Auffindung des jeweiligen Einsatzortes nach Alarmierung stehen in den Fahrzeugen moderner Rettungsdienste heute normalerweise GPS-Navigationslösungen zur Verfügung. Diese sind häufig in elektronische Alarmierungsmittel wie Tablet-Computer integriert. Dennoch stellen schlechte oder nicht vorhandene Beschilderungen von Hausnummern, unübersichtliche Zufahrten oder Schleichwege zu abgelegenen Häusern, die gängige Satellitennavigationsgeräte nicht kennen, Einsatzmannschaften immer wieder vor Probleme, den Berufungsort rasch zu erreichen. Üblicherweise wird in solchen Fällen über Sprechfunkverbindung oder Mobiltelefon die Leitstelle kontaktiert. Diese lotst dann mittels zentral verfügbaren, digital vorliegenden Kartenmaterials oder anderer in Datenbanken hinterlegter Informationen die Mannschaft des durch GPS-Tracking georteten Fahrzeuges mündlich zum Notfallort.
Zur Auffindung des jeweiligen Einsatzortes nach Alarmierung stehen in den Fahrzeugen moderner Rettungsdienste heute normalerweise GPS-Navigationslösungen zur Verfügung. Diese sind häufig in elektronische Alarmierungsmittel wie Tablet-Computer integriert. Dennoch stellen schlechte oder nicht vorhandene Beschilderungen von Hausnummern, unübersichtliche Zufahrten oder Schleichwege zu abgelegenen Häusern, die gängige Satellitennavigationsgeräte nicht kennen, Einsatzmannschaften immer wieder vor Probleme, den Berufungsort rasch zu erreichen. Üblicherweise wird in solchen Fällen über Sprechfunkverbindung oder Mobiltelefon die Leitstelle kontaktiert. Diese lotst dann mittels zentral verfügbaren, digital vorliegenden Kartenmaterials oder anderer in Datenbanken hinterlegter Informationen die Mannschaft des durch GPS-Tracking georteten Fahrzeuges mündlich zum Notfallort.

Version vom 13. Dezember 2017, 01:30 Uhr

Im ⇨ Online-Museum wird jeden Monat ein Gegenstand aus dem ⇨ Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck vorgestellt.

LSFRI4-20171211204003 tiroler tageszeitung 1976-05-14 headline.png

Zur Auffindung des jeweiligen Einsatzortes nach Alarmierung stehen in den Fahrzeugen moderner Rettungsdienste heute normalerweise GPS-Navigationslösungen zur Verfügung. Diese sind häufig in elektronische Alarmierungsmittel wie Tablet-Computer integriert. Dennoch stellen schlechte oder nicht vorhandene Beschilderungen von Hausnummern, unübersichtliche Zufahrten oder Schleichwege zu abgelegenen Häusern, die gängige Satellitennavigationsgeräte nicht kennen, Einsatzmannschaften immer wieder vor Probleme, den Berufungsort rasch zu erreichen. Üblicherweise wird in solchen Fällen über Sprechfunkverbindung oder Mobiltelefon die Leitstelle kontaktiert. Diese lotst dann mittels zentral verfügbaren, digital vorliegenden Kartenmaterials oder anderer in Datenbanken hinterlegter Informationen die Mannschaft des durch GPS-Tracking georteten Fahrzeuges mündlich zum Notfallort.

Doch wie behalf man sich, bevor es entsprechende elektronische Hilfsmittel gab?

Das Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck beherbergt Teile einer Stadtplankartei der Leitstelle der Freiwilligen Rettung Innsbruck aus den frühen 1970er-Jahren, durch die das oben beschriebene Problem gelöst werden sollte. Ihr Ziel bestand darin, den ehrenamtlichen Kraftfahrer, die ja selten die Ortkenntnisse eines Hauptamtlichen haben, eine Hilfestellung einerseits zur Wahl des Anfahrtsweges zum Einsatzort, andererseits um Zufahrten, Fuß- und Schleichwege zu Hauseingängen zu finden, zu geben. Die Kartei wurde von zahlreichen Mitgliedern der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck in freiwilliger Arbeit entwickelt. Sie umfasste sowohl das Innsbrucker Stadtgebiet als auch umliegende Ortschaften. Sie wurde im Mai 1976 der Öffentlichkeit vorgestellt und war bis zur Inbetriebnahme der Bereichsleitstelle Tirol Mitte, welche die Leitstelle der Innsbrucker Rettung im November 1999 ablöste, in Verwendung. Ab dem Jahre 2000 wurde sie von in den Fahrzeugen der Freiwilligen Rettung Innsbruck vorgehaltenen Straßenordnern mit Anfahrtsbeschreibungen abgelöst.

Das System

Das System war denkbar einfach aufgebaut, aber hocheffektiv:

Jede der in Klarsichthüllen untergebrachten Karteikarten bestand aus – je nach Länge des Straßenzuges – einem oder mehreren DIN A4-Blättern. Während sich auf der einen Seite des Blattes die Strecke zur Anfahrt zum Notfallort eingezeichnet war, fand man auf der anderen Seite einen Detailplan mit Adressobjekten samt Hausnummern und lokal spezifischen Merkmalen wie Zugängen, Zufahrten, Absperrungen, Einfahrten etc. vor. So wurden Zufahrten, die mit dem Auto befahrbar waren, mit Pfeilen, Fußwege zu Hauseingängen mit gepunkteten Linien gekennzeichnet. – Vorder- und Rückseite der Karte zur Alois-Schrott-Straße in Arzĺ.
Durch einen roten Pfeil wurde nicht nur angezeigt, dass es sich um eine Einbahn handelt, sondern auch, – je nach Richtung des Pfeiles –, in welche Richtung diese verlief. – Karteikarte zur Bäckerbühelstraße in St. Nikolaus.
Da manche Straßen für eine DIN-A4-Seite zu lang waren, wurden mehrere Blätter miteinander verbunden. Hier die Karte zur Höhenstraße in Hötting.
Die Karteiblätter zu jeder einzelnen Straße gab es doppelt. Während der obere Rand eines Satzes rot markiert wurde, markierte man den oberen Rand seines Pendents grün. Die Karteikarten mit der grünen Markierung wurden bei einem Einsatz an den Kraftfahrer ausgehändigt. Dies geschah, solange sich die Leitstelle im Erdgeschoss der Rettungswache am Sillufer befunden hatte, durch unmittelbare händische Übergabe, nach Umzug der Leitstelle in den ersten Stock des Gebäudes im Jahre 1980 mittelst Rohrpost. Das Blatt mit der roten Markierung hingegen durfte auf keinen Fall ausgegeben werden. Es verblieb in der Leitstelle. Hatte ein anderer Wagen nämlich einen Einsatz in derselben Straße, war für diesen ja kein Blatt zur Mitnahme mehr vorhanden.Fand die Mannschaft dieses Wagens vor Ort dann Hausnummer oder Zugang nicht, so konnte die Leitstelle sie mit Hilfe des bei ihr verbliebenen Exemplars über Sprechfunk anleiten anleiten. Im Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck hat sich leider ein Kartensatz mit roter wie grüner Markierung zu ein und derselben Straße nicht mehr erhalten. Zur Veranschaulichung hier trotzdem eine Karte mit roter und eine mit grüner Markierung zu jeweils unterschiedlichen Straßen.

Die Entwicklung

In der im März 1970 bezogenen Rettungswache der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck am Tivoli hatte sich von Beginn an eine moderne Leitstelle befunden. 1971 ergriffen die Abteilungskommandanten Max Zambai und Josef Zigala die Initiative, für diese Leitstelle einen neuen Stadtplan zu schaffen. Heute kaum mehr vorstellbar, war damals im Aufenthaltsraum nämlich nur ein einziger Stadfplan aufgelegen, den sich die Fahrer alarmierter Fahrzeuge oft erst unter herumliegenden Zeitungen heraussuchen mussten!

Man begann zunächst damit, selbst einen Stadtplan händisch zu zeichnen. Dieses Vorgehen erwies sich aber wegen fehlender kartographischer Kenntnisse der Mitglieder und der daraus folgenden uneinheitlich ausfallenden Darstellung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten als nicht besonders praktikabel. Aus diesem Grunde kam der Ehrenamtliche Werner Bernhard auf die Idee, man könnte auf die Pläne des Katasteramtes zurückgreifen. Diese waren nicht nur einheitlich gezeichnet, sondern enthielten auch die Adressobjekte.

Karteikasten mit Stadtplankartei in der Leitstelle der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck, ~1973. – Diapositiv, Farbe, 36x24 mm. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.

Bernhard, damals noch bei der Firma „Herrburger und Rhomberg“, die sich bis 1983 an der Stelle des heutigen Einkaufszentrums Sillpark befunden hatte, angestellt, brachte Rhomberg dazu, die Vervielfältigung der Katasterpläne auf einer im Keller des Unternehmens stehenden, elektronischen Kopiermaschine zu erlauben. Diese Maschine war zimmergroß, für die damalige Zeit hochmodern, konnte aber nur mit Blättern im Format DIN A4 arbeiten. Sie wurde von Josef Zigala für die Anfertigung der Kopien der Katasterpläne wochenlang in Beschlag genommen. Damals war es zwar nicht ungewöhnlich, dass Unternehmer Ressourcen der eigenen Betriebe für die Rettung zur Verfügung stellten, wenn dort engagierte Angestellte diese für die Ausübung ihrer ehrenamtlichen Funktionen benötigten, doch musste im Falle der Nutzung der fraglichen Kopiermaschine nach einer gewissen Zeit denn doch vom ursprünglichen Vorhaben, jeweils vier Reproduktionen anzufertigen, zugunsten der Anfertigung von lediglich zwei Kopien Abstand genommen werden: Rhomberg wollte die hohen Kosten (mehr als öS 1,-- pro Blatt – damals sehr viel Geld für eine Kopie) nicht mehr tragen. Dabei ging es nur um die Kosten für den Betrieb der Maschine. Denn das Papier war eine Spende einer oberösterreichischen Papierfabrik.

Letztendlich hatte man zu jeder Innsbrucker Straße jeweils zwei oder – bei langen Straßenzügen – mehrere Kopien des entsprechenden Katasterplanes. Nach der Vervielfältigung ging man daran, lokale Spezifika mit Filzstift in die Pläne einzutragen. Dabei ging man bei den damals regelmäßigen Übungsfahrten im Rahmen der Kraftfahreraus- und fortbildung die Straßen Objekt für Objekt ab, um Sperren durch Schranken oder Poller, Fußwege zu Eingängen oder Zufahrten mit jeweils anderen Symbolen zu kennzeichnen und nicht vorhandene Hausnummern einzuzeichnen. Ergänzend übernahm eine Reihe von Mitgliedern die Erfassung ihrer jeweiligen Wohnorte in der beschriebenen Weise. Parallel zu dieser Arbeit wurden bereits seit den frühen 1970er-Jahren die Mitglieder auf die Verwendung des Kartenmaterials geschult.

Der erste vollständige Kartensatz war im Feber 1975 fertiggestellt. Im Mai 1976 wurde wurde das Ergebnis nach dreieinhalb Jahren an Arbeit schließlich der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei lud man die Menschen ein, zu bestimmten Zeiten Einblick in die Kartei zu nehmen, um zu überprüfen, ob die Adressobjekte ihnen bekannter Straßen richtig kartographiert worden waren. Entstanden war eine Kartei mit DIN-A4-großen, in Klarsichthüllen untergebrachten Blättern zu jeder einzelnen Straße in Innsbruck, die später um Karten der Straßen umliegender Ortschaften ergänzt wurde.

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Ernst Pavelka