Exponat des Monats 06/2021
Defigard 2002 / Bruker Medizintechnik GmbH, 1992
Bis zum Frühjahr 1999 war der Einsatz von Defibrillatoren gesetzlich ausschließlich Ärzten vorbehalten. Rettungstransportwägen der Freiwilligen Rettung Innsbruck waren daher vor September 1999 nicht mit Defibrillatoren bestückt. Auf dem in Innsbruck seit November 1985 in Betrieb stehenden Notarztwagen (NAW) verhielt es sich anders: Dieser war von Anfang an mit Defibrillatoren mit Monitoring-Funktionen wahrscheinlich des Typs Physio-Control Lifepak 5 ausgestatten gewesen. 1992 wurden die ersten Defibrillatoren durch zwei Modelle des Typs Bruker Defigard 2002 ersetzt. Die beiden Exemplare samt Ladehalterung befinden sich heute im Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Der Bruker Defigard 2002
Beim Bruker Defigard 2002 handelte es sich um einen Defibrillator mit EKG-Monitor, der mittelst Steckmodulen um zusätzliche diagnostische und therapeutische Funktionen erweitert werden konnte. Er wurde im Frühjahr 1990 von der Fa. Bruker Medizintechnik (auch Bruker Medical, Bruker Elektromedizin), einem 1976 gegründeten Subunternehmen des seit 1960 bestehenden us-amerikanischen Medizinprodukteherstellers Bruker, auf den Markt gebracht. Bruker hatte seit 1972 Defibrillatoren hergestellt. Bruker Medical wurde gemeinsam mit Bruker Medical Cardio im März 2000 vom seit 1971 bestehenden, schweizerischen Medizinproduktehersteller Schiller unter Weiterführung des Werksstandortes im elsässischen Wissembourg übernommen. Der Defigard 2002 wurde von Schiller zunächst weiter produziert, Ende 2001 aber ausgeschieden und vom Defigard 1002 sowie dem Defigard 6002 (2002) abgelöst.
Ankauf des Bruker Defigard 2002
Nachdem im Juni 1989 durch vermutlich falsche Handhabung ein rund öS 30000,–– teurer Hochspannungskondensator eines der NAW-Defibrillatoren kaputt gegangen war, wurde im Geschäftsführenden Ausschuss der Freiwilligen Rettung Innsbruck die Anschaffung eines Ersatz-Defibrillators überlegt. Zeitgleich kündigte der Landesverband Tirol des Österreichischen Roten Kreuzes an, zehn Defibrillatoren an die Tiroler Rotkreuz-Bezirksstellen verteilen zu wollen. Von dieser Verteilaktion sollte die Bezirksstelle Innsbruck zwar mit der Begründung ausgenommen sein, dass bei ihr im Rahmen des Notarzwagenbetriebes ohnehin Defibrillatoren vorhanden wären, doch stellte der Landesverband im Zusammenhang mit der geplanten Ausrollung der Geräte eine Produktschau in Aussicht. Der Ausschuss des Roten Kreuzes Innsbruck beschloss daher mit der Beschaffung des Ersatzdefibrillators noch zuzuwarten, um sich auf der für den 28.09.1989 geplanten Ausstellung des Landesverbandes einen überblick über am Markt verfügbare Geräte verschaffen zu können. Auf dieser Produktschau wurde der Defigard 2002 dem Tiroler Roten Kreuz wohl erstmals vorgestellt. Im Frühjahr 1990 sollte er für rund öS 140000 auf den österreichischen Markt kommen. Obschon die Anschaffung eines Defigard 2002 als Ersatz-Defibrillator vom Roten Kreuz Innsbruck damals schon ins Auge gefasst worden war, entschied man sich dann doch wieder für einen Lifepak 5, weil man nicht bis zum Frühjahr warten zu können glaubte.
Am 28.06.1990 veranstaltete das Rote Kreuz Tirol eine weitere Produktmesse für Defibrillatoren. Bei dieser wurde neben dem Bruker Defigard 2002 der Physio-Control Lifepak 10 in die engere Wahl genommen. Um eine belastbare Entscheidung, welches Gerät man bevorzugen sollte, fällen zu können, wurde beschlossen, beide Defibrillatoren vier Wochen lang im Notarzwagenbetrieb zu testen. Über das Ergebnis des Testbetriebes ist nichts bekannt. Im Dezember 1990 beschloss das Rote Kreuz Tirol allerdings den Ankauf von zehn Lifepak 10. Von diesen hätte die Freiwillige Rettung Innsbruck nun doch ein Exemplar erhalten, wenn nicht die ärztliche Leitung des Notarztwagenbetriebes das Gerät abgelehnt hätte, weil ihr der Bruker Defigard 2002 lieber gewesen wäre. Bezüglich einer selbständigen Anschaffung des Defigard wollte sich der Ausschuss des Roten Kreuzes Innsbruck abwartend verhalten, weil Ende 1990 für das neu auf den Markt gekommene Gerät Zubehör noch nicht erhältlich war und er den Defigard als zu wenig erprobt einschätzte.
Erst zwei Jahre später, im Dezember 1992, wird die Freiwillige Rettung Innsbruck selbst zwei Bruker Defigard 2002 um letztlich öS 560000,–– bei der Fa. Chemomedica bestellen – vorläufig noch ohne Blutdruckmodul, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht lieferbar war. Im Feber 1993 wurden die beiden Bruker Defigard 2002 geliefert und mit der Einschulung der Mannschaft begonnen. Die offizielle Übergabe fand im Rahmen eines Medientermins am 26.02.1993 im Kaufhaus DEZ statt. Die Örtlichkeit war der Finanzierung geschuldet: Einer der Defibrillatoren konnte aus dem Erlös einer Glücksspielaktion, bei der im November und Dezember 1992 im DEZ 60000 Lose zugunsten des Roten Kreuzes Innsbruck verkauft worden waren, angeschafft werden.
Ernst Pavelka, 09.06.2021