Exponat des Monats 07/2020

Aus Rotkreuz Museum Innsbruck
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Ausgewählte Wandtafeln, 1930–1962

„Wir Rettungsärzte halten unsere Vorträge und Uebungen [sic] nicht wie beim klinischen Unterricht der Mediziner am Krankenbett, mit Kranken und Verletzten, ab. Wir lehren in einem Vortragssaal mit Hilfe einiger Wandtafeln und Präparate, sowie mit Lichtbildern und üben im Schulzimmer oder im Freien mit angenommenen Unfällen.“

Franz Frohse: Homo sapiens, Ganze Muskelfigur von hinten, ~1930, Detail. – Wandtafel (Leinwand), 90 x 195 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.

schrieb im Jahre 1934 der damalige Chefarzt der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck, Dr. Viktor Tschamler. Er nennt neben anderen damals im Unterricht für die „Samariter“, wie Sanitäter dazumal genannt wurden, von den Ärzten der Rettungsgesellschaft verwendeten Lehrmitteln sogenannte „Wandtafeln“, auch „Lehrtafeln“. Es handelte sich dabei um mit schematischen Darstellungen von Lehrinhalten bedruckte Leinwände oder Blätter stärkeren Papiers. Diese waren an der Unter- und Oberseite mit einer meistens hölzernen, später auch metallenen Leiste versehen. Während an der oberen Leiste eine Schlaufe oder andere Vorrichtung zur fallweisen Befestigung an Wänden oder auch Ständern angebracht war, wurden die Tafeln zur Lagerung über die untere Leiste aufgerollt und die Rolle mit einem Textilband zugebunden. Frühe Wandtafeln dürften auf das späte 18. Jahrhundert zurückgehen, Ende des 19. Jahrhunderts waren sie an Universitäten und anderen Bildungsanstalten weit verbreitet und danach auch im zwanzigsten Jahrhundert noch lange in Gebrauch. Der Autor dieser Zeilen hat während seiner Gymnasialzeit in den 1980er-Jahren noch erlebt, dass Wandtafeln im Geschichte- und Geographieunterricht vereinzelt eingesetzt wurden.

Im Inventarium der Sanitätsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck werden im Jahre 1903 erstmals „5 große Wandtafeln“ sowie „10 kleinere Wandtafeln für Schulzwecke“ genannt. 1905 erweiterte sich der Bestand um eine zusätzliche Lehrtafel mit einer lebensgroßen Darstellung des menschlichen Körpers. Nachdem aus der Sanitätsabteilung im Jahre 1907 die Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck gegründet worden war, kam noch „1 Tafel über erste Hilfeleistung“ hinzu. 1913 werden jene zehn kleinen Wandtafeln, welche die Rettungsabteilung von der Sanitätsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck übernommen hatte, nicht mehr genannt, stattdessen ist neben der Wandtafel mit der Darstellung des menschlichen Körpers in Lebensgröße noch von „20 große[n] Wandtafeln, 2 Tafeln über erste Hilfeleistung“ die Rede. Ab 1914 enthalten die Jahresberichte keine Inventarien mehr, da diese während des Ersten Weltkriegs aus Kostengründen abgeschafft und dann nicht mehr eingeführt wurden, sodass ab diesem Zeitpunkt die Bestände an Lehrtafeln nicht mehr nachvollzogen werden können.

Wandtafeln wurden bei der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck nur von den Ärzten verwendet. Bis in die 1960er-Jahre hinein oblag die sanitätsdienstliche Ausbildung der Sanitäter des Roten Kreuzes Innsbruck ausschließlich Ärzten, denen nichtärztliche Mitglieder in den Kursen zuarbeiteten. Mit der Wende von der ausschließlich ärztlichen Ausbildung von Sanitätspersonal zu jener auch durch Sanitätsgehilfen Mitte der 1960er-Jahre verschwanden nach Zeitzeugenberichten auch die Wandtafeln aus dem Unterricht.

Die Lehrmittelsammlung des Archivs der Freiwilligen Rettung Innsbruck beherbergt insgesamt 36 Wandtafeln, die zwischen 1930 und 1975 hergestellt wurden. 26 der Tafeln weisen anatomische Darstellungen auf, zehn, die alle auf die 1930er- und 1940er-Jahre zu datieren sind, demonstrieren das Anlegen von Verbänden.

Franz Frohse: Schematische Darstellung des Blutkreislaufes, ~1930. – Wandtafel (Leinwand), 80 x 105 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
'Bindenverbände (Brust und Rücken), ~1930. – Wandtafel (Leinwand), 70 x 90 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Bindenverbände (Kopf, Schädeldach, Augen, Nasen- und Kinnschleuder), ~1940. – Wandtafel (Papier), 90 x 113 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Dr. te Neues & Co GmbH: Skelett (I. Der menschliche Körper 1), Biologisch-hygienisches Unterrichtswerk des Deutschen Gesundheitsmuseums Köln, 1951. – Wandtafel (Leinwand), 90 x 195 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
W. Blatevogel: Atmung und Blutkreislauf, Lehrmittelverlag Hagemann, 1962. – Wandtafel (Leinwand), 175 x 120 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Franz Frohse: Homo sapiens, Ganze Muskelfigur von hinten, ~1930. – Wandtafel (Leinwand), 90 x 195 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Franz Frohse: Homo sapiens, Ganze Muskelfigur von hinten, ~1930, Detail. – Wandtafel (Leinwand), 90 x 195 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Franz Frohse: Homo sapiens, Ganze Muskelfigur von hinten, ~1930, Detail. – Wandtafel (Leinwand), 90 x 195 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.

Ernst Pavelka, 19.07.2020.