Exponat des Monats 10/2019

Aus Rotkreuz Museum Innsbruck
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Tischfernsprecher 38 mit Beikasten, 1944

1952/53 verlegten Mitglieder der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck ein altes Wehrmachtstelefonkabel vom Gasthof Frau Hitt auf dem Gramartboden zur Mundinghütte. Bei der Mundinghütte handelt es sich um eine der Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck vom Innsbrucker Konditor Hans Munding im Jahre 1918 gekaufte Waldhütte oberhalb des Gramartbodens, die noch heute den Mitgliedern des Roten Kreuzes Innsbruck zur Erholung zur Verfügung steht. Anders als man vermuten würde, wurde damals aber nicht eine Telefonverbindung hergestellt, sondern eine Stromleitung gelegt. Als diese erste Stromleitung im Jahre 1978 als veraltet durch eine neue ersetzt wurde, legte man zusätzlich eine Telefonleitung.

Der vorliegende Tischfernsprecher 38 bildete im Rahmen der Telefonverbindung die Gegenstelle im Gasthof Frau Hitt zur Sprechstelle auf der Mundinghütte. Die Standleitung ist heute nicht mehr in Betrieb. Wie lange der Fernsprecher verwendet wurde, ließ sich nicht genau ermitteln. Im Gerät selbst ist eine 4,5-V-Blockzelle eingesetzt, die aus dem Jahre 1991 stammt, sodass von einer wie auch immer gearteten Nutzung frühestens bis zu diesem Jahr ausgegangen werden kann. Es wurde dem Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck im Jahre 2003 vom damaligen Hüttenwart überantwortet.

Tischfernsprecher 38 mit Beikasten, 1944. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Der Tischfernsprecher 38 wurde ab 1938 für die Deutsche Wehrmacht hergestellt, aus deren ehemaligen Beständen auch das vorliegende, 1944 gebaute Gerät stammen dürfte. Das Gehäuse ist aus braunem Bakelit (Presskunststoff). In technischer Hinsicht ist der Fernsprecher gleich aufgebaut wie der Feldfernsprecher 33. Mit einer Kurbel wurde eine Induktionsspannung zum Anläuten der Gegenstelle aufgebaut, die Stromversorgung für das Gespräch wurde durch eine 1,5-V-Ortsbatterie sichergestellt. Die Batterie war im Gegensatz zum Feldfernsprecher nicht im Gehäusekasten, sondern in einem separaten Beikasten untergebracht. Dieser konnte sowohl auf den Tisch gestellt als auch an der Wand montiert werden. Der Tischfernsprecher 38 war als Feldtelefon zum Einsatz in geschlossenen Räumen (z. B. geschlossenen Gefechtsständen, Stabsunterkünften etc.) konzipiert. Er kann sowohl im Ortsbetrieb betrieben, als auch an das lokale Telefonnetz gehängt und dort von einer Zentralbatterie gespeist werden.

Das alte Wehrmachtstelefonkabel aus Zirl und die Telefonleitung zur Mundinghütte

„Geh, lass' mi telephonieren!“ – Verlegung eines alten Wehrmachtstelefonkabels als Stromkabel vom Gasthof Frau Hitt auf die Mundinghütte, 07.09.1952 – 01.05.1953. – Fotografie, s/w, ca. 9 x 7 cm (B x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.

Im Juli 1952 hatte die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck Kenntnis davon erhalten, dass bei Zirl ein altes Wehrmachtstelefonkabel vergraben wäre. Man wandte sich an daraufhin mit der Bitte an das Fernmeldekommando der französischen Besatzungstruppen in Tirol, einem das Kabel kostenfrei zu überlassen. Die Besatzer kamen der Rettungsgesellschaft großzügigerweise sehr entgegen, indem sie nicht nur auf die Zuständigkeit der Österreichischen Post- und Telegraphendirektion verwiesen, sondern das Kabel auch in Eigenregie auf Funktionstüchtigkeit überprüften. Nachdem die Führung des Kabels mit den angrenzenden Grundeigentümern über deren Grundstücke geklärt worden war, gingen 37 Mitglieder der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck an die Arbeit. Vom 07.09.1952 bis 01.05.1953 wurde das alte Wehrmachtskabel in Zirl ausgegraben, ein 535 m langer Kabelgraben vom Gasthof Frau Hitt auf die Mundinghütte angelegt, das Telefonkabel als „Lichtkabel“, also Stromkabel darin verlegt und der Graben schlussendlich wieder zugeschüttet. Insgesamt wurden von den Mitgliedern 1231,5 Arbeitsstunden geleistet. Am 1. Mai 1953, um 13:30 Uhr, wurde auf der Mundinghütte erstmals elektrisches Licht eingeschaltet. Der Abschluss der Kabelverlegung wurde am 30. Mai mit einer „Lichtfeier“ im Gasthof Frau Hitt begangen.

Nachdem 1978 das alte Stromkabel kaputt gegangen war, entschloss man sich sich, ein neues zu legen. Da die Freiwillige Rettung Innsbruck das Kabel kostenlos zur Verfügung gestellt bekam, konnte stattdessen ein Telefonkabel finanziert werden. Am 22. August 1978 wurde – wie schon 1952/1953 durch eine Reihe engagierter Mitglieder – mit den Grabungsarbeiten zur Verlegung des Stromkabels begonnen, am 22. September, um 10:30 Uhr, wurde das neue Lichtkabel erstmals eingeschaltet. Die Verlegung des Telefonkabels dürfte von Freitag, dem 5., bis Samstag, den 6. Oktober 1978, erfolgt sein. Am Vormittag des 7. Oktober wurden die letzten 20 Meter Kabelgraben zum Gasthof Frau Hitt gegraben und die letzten Meter Telefonkabel verlegt. Es handelte sich um eine Standleitungsverbindung, an deren beiden Enden jeweils ein Kurbeltelefon Dienst tat. Der Tischfernsprecher 38 kam dabei im Gasthaus Frau Hitt zum Einsatz. Am 7. Oktober 1978, um 11:40 Uhr, wurde die Telefonleitung zur Mundinghütte erstmals erfolgreich in Betrieb genommen.


Beikasten zum Tischfernsprecher 38, 1944. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Tischfernsprecher 38 mit Beikasten, 1944: Kabelanschlüsse auf dem Beikasten. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Tischfernsprecher 38 mit Beikasten, 1944: Kabelanschlüsse auf dem Beikasten. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Der mittelst Kabels mit dem eigentlichen Telefon verbundene Beikasten enthielt nicht nur die Batterie, sondern beherbergte unter einem Deckel auf der Oberseite auch die Anschlüsse für die Telefonkabel. Mit den Klemmen La und Lb konnte der Apparat ans amtliche Telefonnetz entweder zum Einsatz im Ortsbatteriebetrieb („OB-Betrieb“ – die Batterie für die Spannung zur Aufrechterhaltung der Sprechverbindung befindet sich lokal am oder im Gerät) oder im Zentralbatteriebetrieb („ZB-Betrieb“ – die Spannung wird durch eine in der Zentrale stehende Batterie bereitgestellt) angeschlossen werden. Hier allerdings nur als Sprechempfänger, da das Gerät keine Wählscheibe besitzt.
Amtszusatz für den kleinen Klappenschrank zu 10 Leitungen / Lumophon-Werke, Bruckner & Stark, 1938. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Hätte man den Tischfernsprecher 38 im amtlichen Telefonnetz vollumfänglich zum Einsatz bringen wollen, so hätte man ihn mit einem „Amtszusatz“ mit Wählscheibe wie diesem hier verbinden müssen.

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Ernst Pavelka, 13.10.2019. – Mit Dank an Peter Klotz für wertvollste ergänzende Informationen.