Revolutionsflagge, Rumänien, Dezember 1989
Das Rote Kreuz Innsbruck beteiligte sich von Dezember 1989 bis Jänner 1990 an insgesamt zwei – je nach Zählung drei – Hilfsaktionen, die das Tiroler Rote Kreuz im Rahmen der Rumänienhilfe des Österreichischen Roten Kreuzes für die notleidende Bevölkerung in Rumänien durchgeführt hatte. Beim zweiten Hilfseinsatz vom 18. – 26.01.1990 wurden nach genauer Bedarfserhebung 2,5 Tonnen Medikamente und medizinische Geräte Ärzten in und um Târgu (Tirgu) Mureș / Neumarkt am Mieresch übergeben, drei Patienten zur operativen Behandlung nach Innsbruck geflogen sowie medizinische und andere soziale Einrichtungen in den beiden Regierungsdistrikten Bistrița-Năsăud / Bistritz-Nussdorf und Maramureș, die dem Österreichischen Roten Kreuz vom Internationalen Roten Kreuz zur langfristigen Betreuung zugeteilt worden waren, erkundet.
Die erste Hilfsaktion hatte bereits vom 28.12.1989 bis 01.01.1990, und damit unmittelbar nach dem Ende der rumänischen Revolution am 27.12.1989 stattgefunden. Entweder dieser Hilfskonvoi, der 100 Tonnen an Lebensmitteln nach Dej geliefert hatte, oder erst die zweite Hilfsexpedition brachte die vorliegende Revolutionsflagge mit nach Innsbruck. Während der von 16. – 27.12.1989 gedauert habenden, blutigen Revolution gegen das realsozialistische Regime von Diktator Nicolae Ceaușescu wurde von den Revolutionären das Staatswappen der Sozialistischen Republik Rumänien aus der offiziellen Flagge ausgeschnitten:
Der erste Hilfskonvoi des Tiroler Roten Kreuzes für Rumänien. – Fotografie, 13 x 9 cm (B x H). – Privatarchiv Michael Pfurtscheller. Der Hilfskonvoi setzte sich zusammen aus den Fahrzeugen „Innsbruck 6“, „Innsbruck 53“ (Gerätewagen), und „Innsbruck 35“ (Funkwagen) des Innsbrucker Roten Kreuzes, „Steinach 5“, „Imst 3“, „Kufstein 9“ der entsprechenden andern Rotkreuz-Bezirksstellen sowie zwei LKW-Zügen der Fa.
Unterer, zwei LKW der Fa.
Schenker sowie je einem LKW der Firmen
Huter,
Triendl und
Auer.
„Innsbruck 6“, der einzige allradgetriebene Rettungstransportwagen der
Freiwilligen Rettung Innsbruck, fuhr
wie ein Notarztwagen ausgestattet und besetzt, um den Konvoi bei medizinischen Notfällen zu unterstützen. Beim
Gerätewagen handelte es sich um ein technisches
Hilfsfahrzeug für Großunfall- und Katastropheneinsätze, das bei technischen Problemen aushelfen sollte. Der
Funkwagen, im Jahre 1978 die erste mobile Einsatzleitzentrale in Österreich, konnte Funkbrücken zwischen unterschiedlichsten nachrichtentechnischen Systemen herstellen. Die LKW samt Fahrern wurden von den Speditionsunternehmen zur Verfügung gestellt.
Nachdem die Teilnehmer an der Expedition in der
Standschützenkaserne geimpft worden waren und die Mannschaft des
Gerätewagen den Funkwagen noch mit einer 220-Volt-Stromversorgung ausgestattet hatte, setzte sich der Konvoi am 28.12.1989, um 14:31 Uhr, Richtung
Rumänien in Bewegung. Noch im Stadtgebiet von Innsbruck fiel einer der LKW wegen eines Schadens an der Motorstaubremse aus und musste zurückbleiben. Die Route führte über
Wien und
Budapest auf südlicher Route nach
Dej.
Dej war nur eine Ausweichdestination gewesen, weil der ursprüngliche Zielort aufgrund von Kampfhandlungen nicht angefahren werden konnte.
LKW der Fa. Auer nach einem Auffahrunfall, Berettyóújfalu (Ungarn), 29.12.1989. – Fotografie, 13 x 9 cm (B x H). – Privatarchiv Michael Pfurtscheller. Kurz vor
Berettyóújfalu (Ungarn) fuhr ein LKW der Fa.
Auer bei eisglatter Fahrbahn auf einen der LKW-Züge der Fa.
Unterer auf. Der Fahrer wurde eingeklemmt. Mit Hilfe des Hubzuges mit 20-mm-Stahlseil des
Gerätewagens wurde der LKW soweit auseinandergezogen, dass der Mann befreit und in ein Krankenhaus gebracht werden konnte. Mit einem Konvoi des
Roten Kreuzes Linz, der auf dem Weg nach Hause zufällig vorbeikam, wurde der Fahrer nach Hause gebracht. Das
Rote Kreuz Linz stellte außerdem einen leeren LKW als Ersatz für den nicht mehr fahrbereiten zur Verfügung. Der Anhänger des LKW-Zuges konnte – ebenfalls mit Hilfe des
Gerätewagens wieder – fahrbereit gemacht werden. Es war dies nur einer von mehreren Einsätzen, die der
Gerätewagen bei technischen Pannen auf der Fahrt zum Bestimmungsort zu bestreiten hatte.
Die Mannschaft von „Innsbruck 6“ bei der Übernachtung in einer Schule, drei Kilometer vor der rumänischen Grenze, 29.12.1989. – Fotografie, 13 x 9 cm. – Privatarchiv Michael Pfurtscheller. Nach viereinhalb Stunden Schlaf bei eisiger Kälte in einer Schule ging es am 30.12.1989, um 04:30 Uhr, weiter in Richtung der ungarisch-rumänischen Grenze. Der
Funkwagen musste an der Grenze zurückgelassen werden, weil er wegen zahlreicher, auf dem Dach angebrachter Antennen das Misstrauen der rumänischen Grenzpolizisten erregt hatte und deswegen nicht einreisen durfte.
Zwei Drittel der Mannschaft (ohne Notärztin) von „Innsbruck 6“, Wolfgang Schindl und der spätere Dienstführer Michael Pfurtscheller mit Ansteckern in den Farben der rumänischen Nationalflagge vor einem Radpanzer der rumänischen Armee, 30.12.1989. – Fotografie, 13 x 9 cm (B x H). – Privatarchiv Michael Pfurtscheller. Nach einer Schrecksekunde aufgrund eines plötzlich über einen Hügel herabkommenden Radpanzers der rumänischen Armee, Erleichterung, als sich herausstellt, dass der Panzer zum Schutz des Konvois abgestellt wurde.
Gruppenfoto mit Revolutionsflagge nach der Entladung der LKW in Dej, 30.12.1989. – Fotografie, 13 x 9 cm (B x H). – Privatarchiv Michael Pfurtscheller. Ab der ungarisch-rumänischen Grenze war es zunächst gemeinsam mit einem Konvoi des
Kärntner Roten Kreuzes zuerst nach
Cluj-Napoca / Klausenburg, dann wieder alleine in Richtung
Dej, wo der Konvoi um 15:00 Uhr eintraf, gegangen. Ab 19:00 Uhr wurden die LKW mit Hilfe ortsansässiger Bevölkerung und Militärs entladen. Ohne den Gerätewagen wäre es unmöglich gewesen, die LKW so spät noch zu entladen: Mit seiner 7000-Watt-starken Beleuchtungsanlage sorgte er ausreichend Licht nicht nur für die Entladung, sondern auch für Fernsehaufnahmen.