Exponat des Monats 09/2019
FRED® – First Responder External Defibrillator / Bruker Medical, September 1999
Beim FRED® – First Responder External Defibrillator der Fa. Bruker Medical handelt es sich um den ersten auf Rettungstransportwägen der Freiwilligen Rettung Innsbruck zur Verwendung durch Sanitäter eingesetzten Defibrillator. Die Bestückung der Fahrzeuge mit dem Gerät ist direkte Folge der Novellierung des Bundesgesetzes über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und des Sanitätshilfsdienstes vom Frühjahr 1999. Diese erlaubte es Sanitätern erstmals, einen halbautomatischen Defibrillator anzuwenden. Die Gesetzesänderung markiert außerdem den Beginn der historischen Entwicklung zur heutigen sog. „Defi-Rezertifizierung“ laut Sanitätergesetz 2002.
Einsatz von Defibrillatoren durch Sanitäter
Im August 1998 sorgte eine Presseaussendung der Johanniter Unfallhilfe an den ÖAMTC für einige Irritationen bei anderen Einsatzorganisationen. Sie wurde durch den Satz „Warum die Johanniter unbedingt gegen das Gesetz verstoßen wollen – und damit Menschen das Leben retten, die sonst 'ordnungsgemäß' versterben würden.“ eingeleitet und die flächendeckende Ausbildung des Sanitätspersonals der Johanniter in der sogenannten „Frühdefibrillation“ angekündigt. Bei der Defibrillation wird dem Umstand Rechnung getragen, dass am Beginn eines Großteils der Herzstillstände ein Kammerflimmern steht, das durch die Applikation von Stromstößen mittelst Defibrillatoren dergestalt unterbrochen werden kann, dass die Herzaktionen im Idealfall wieder in einen „normalen“ Rhythmus übergeführt werden. Zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Presseaussendung blieb die Defibrillation gesetzlich ausschließlich Ärzten vorbehalten, da die Durchführung der Maßnahme bei nicht bestehendem Kammerflimmern für den Patienten lebensgefährlich sein kann. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt ebenso bereits halbautomatische Defibrillatoren verfügbar, die ein Kammerflimmern mit fast fehlerfreier Treffsicherheit selbständig zu erkennen vermochten, sodass sie auch von nichtärztlichem sanitätsdienstlichen Personal ohne Bedenken eingesetzt hätten werden können. Zudem wusste man, dass eine möglichst frühe Defibrillation, eben die „Frühdefibrillation“ vor Eintreffen des Notarztes durch Sanitätspersonal die Aussicht, das Leben eines Patienten im Atem-Kreislauf-Stillstand retten zu können, erheblich zu steigern vermag. Mit der genannten Presseaussendung sollte Druck auf den Gesetzgeber in Richtung einer bundesweiten gesetzlichen Erlaubnis der Frühdefibrillation durch nichtärztliches Personal ausgeübt werden. Schon davor hatte das Land Steiermark als erstes österreichisches Bundesland die Frühdefibrillation per Verordnung zugelassen.
Bestückung der Rettungstransportwägen der Freiwilligen Rettung Innsbruck mit dem Bruker FRED®
Spätestens seit August 1998 hatte man sich auch bei der Freiwilligen Rettung Innsbruck mit der Frage der Frühdefibrillation beschäftigt. Am 2. Feber 1999 fasste der Dienstausschuss auf Antrag des damaligen Schulungsarztes, Univ.-Prof. Dr. Thomas Luger, den Grundsatzbeschluss, die Frühdefibrillation durch die hauptamtlichen „Sanitätsgehilfen“ und ehrenamtlichen „Sanitätshelfer“ einzuführen. Dies kam der Absicht gleich, neben dem Notarztwagen, der seit seiner Inbetriebnahme im Jahre 1985 mit einem Defibrillator zur notärztlichen Verwendung ausgestattet war, auch Rettungstransportwägen mit entsprechenden Geräten zu bestücken und die Sanitäter darauf auszubilden.
Am 10. März 1999 wurde das „46. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinischtechnischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste – MTF-SHD-G geändert wird“ ausgegeben. Es erlaubte Sanitätern erstmals die Defibrillation mit halbautomatischen Defibrillatoren für den Fall, dass ein Notarzt nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stünde. Die Berechtigung war an die erfolgreiche Absolvierung einer 15-stündigen Ausbildung gebunden, sie musste nach jeweils einem Jahr durch neuerliche Überprüfung („Rezertifizierung“) erneuert werden.
Von da an bemühte man sich von verschiedenen Seiten innerhalb des Tiroler, aber auch des Österreichischen Roten Kreuzes zu landesweiten Lösungen für die Anschaffung von halbautomatischen Defibrillatoren zu kommen. Nachdem aber von Seiten des Landesverbandes Tirol des Österreichischen Roten Kreuzes bis Juni 1999 keine Empfehlung für ein bestimmtes Gerät, wohl aber eine, vorläufig nicht selbst Geräte anzuschaffen, ergangen war, nahmen mehrere Bezirksstellen die Sache selbst in die Hand. Von der Ausbildungsabteilung des Roten Kreuzes Innsbruck wurde der mit einem Preis von öS 120.000 – 140.000 sehr teure LifePak von PhysioControl favorisiert. Im Juli 1999 gab der Landesverband Tirol des Österreichischen Roten Kreuzes schließlich eine Produktempfehlung für den rund öS 49.000,–– teuren FRED® von Bruker Medical ab. Allerdings ließ sich die Frage, ob und welche Bezirksstellen einem gemeinsamen Kauf zustimmen würden, vorderhand nicht klären. Aus diesem Grunde trat das Rote Kreuz Innsbruck selbst in Preisverhandlungen mit dem Lieferanten Chemomedica ein, ohne allerdings weitere Preisreduktionen gegenüber den bereits erfolgten Preisvereinbarungen des Landesverbandes erreichen zu können.
Im September 1999 bestellte das Rote Kreuz Innsbruck schließlich 30 Stück des Bruker FRED® – First Responder External Defibrillator. Die Finanzierung sollte mittelst Sponsorings über den Landesverband gesichert werden. Zeitgleich begann man mit der Ausbildung der Mitarbeiter auf das Gerät. Bis Anfang November hatten die meisten Mitarbeiter die Zertifzierung auf den Bruker FRED® erlangt. Trotz einer umfangreichen Ausbildungsoffensive traf dies allerdings zu Beginn des Jahres 2000 auf 53 aktive Mitglieder noch nicht zu, sodass der Dienstausschuss beschloss, dass RTW, die mit Sanitätern ohne Zertifizierung besetzt waren, von der Bereichsleitstelle Tirol Mitte vorwiegend für Krankentransporte einzusetzen wären. Um die Einsätze des Defibrillators zu dokumentieren und Erfahrungen zu sammeln, wurde ein „Protokollblatt“ erstellt, das von den Mitarbeitern nach Einsatz des Gerätes ausgefüllt werden musste.
Der Bruker FRED® war bis 2003 in den RTW der Freiwilligen Rettung Innsbruck im Einsatz und wurde dann durch Geräte des Typs Lifepak 12 von PhysioControl abgelöst. Noch heute werden allerdings funktionstüchtige Exemplare des FRED® für den Großunfall- und Katastrophenschutz vorgehalten. Das hier vorgestellte Gerät wurde 2018 ald defekt aus diesem Bereich ausgemustert und dem Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck überantwortet.
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Ernst Pavelka, 17.08.2019</sup