Exponat des Monats 09/2018
Im ⇨ Online-Museum wird jeden Monat ein Gegenstand aus dem ⇨ Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck vorgestellt.
Die Anfangsgeschichte der Mundinghütte in ihrem ältesten Hüttenbuch, 1911-2009
Am 30.09.1918 unterzeichneten Leo Stainer als Obmann und Ferdinand Nessler jun. als Schriftführer für die Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck einen Kaufvertrag über den Erwerb einer im Hochwald über dem Gramartboden gelegenen Berghütte. Der Kaufpreis betrug 6000 Kronen und setzte sich aus 4000 Kronen für Grund und Gebäude sowie 2000 Kronen für die Einrichtung zusammen. Der Verkäufer, Gustav Trinkl, hatte die Hütte selbst im Mai 1915 um 4400 Kronen von einem Josef Kralinger gekauft. Josef Kralinger, der vermutlich mit einem städtischen Baupolier gleichen Namens identisch ist, hatte die Hütte im Jahre 1910 errichtet. Seitdem war sie zunächst unter dem Namen „Kralingerhütte“, dann nach ihrem späteren Eigentümer als „Trinklhütte“ bekannt gewesen.
Den Kaufpreis von 6000 Kronen hätte die Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck zu diesem Zeitpunkt niemals aufbringen können. Ihre finanzielle Situation stellte sich im Ausgang des Ersten Weltkriegs ausgesprochen schlecht dar. Hatten der Rettungsabteilung während des Krieges Personalengpässe durch Einberufungen sowie die kriegsbedingte Mangelwirtschaft hart zugesetzt, so wurde die finanzielle Lage nach Kriegsende geradezu prekär. Grund waren sprunghafte Preissteigerungen bei den Betriebsmitteln, der Umstand, dass mehr als die Hälfte des gesamten Vereinsvermögens in Kriegsanleihen gebunden war und die sich schubartig bemerkbar machende Inflation. Sogar die Jahresberichte hatten ab 1918 gekürzt werden müssen, um Papier- und Druckkosten zu sparen. Zusätzlich wird die Mannschaft durch die im Krieg angefallene Verpflichtung gegenüber der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz für das K. k. Kriegsministerium den sog. „Verwundetenabschub“ am Innsbrucker Hauptbahnhof durchzuführen an der Grenze ihrer Kräfte gewesen sein: Bis Kriegsende hatte man zusätzlich zur Aufrechterhaltung des Regelfahrdienstes mehr als 60.000 Verwundete vom Hauptbahnhof in Reservespitäler sowie von den Reservespitälern zum Bahnhof transportiert. In dieser schlechten finanziellen und moralischen Lage der Rettungsabteilung sah sich nun der vermögende Konditor Hans Munding veranlasst, der Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck das Geld zum Kauf der Hütte am „Brantlschrofen“ zur Verfügung zu stellen.
Johann Baptist Clemens Munding (1864-1935) war einer der Söhne von Johannes Nepomuk Munding, dem Gründer des noch heute bestehenden Innsbrucker Traditionkaffeehauses Café-Konditorei Munding im sog. „Gumpphaus“ in der Kiebachgasse 16. 1894 hatte Hans den Betrieb vom Vater übernommen und durch eine Reihe technischer und kulinarischer Innovationen sowie Umbauten am Haus weiterentwickelt. Hans Munding war bekannt für sein für bürgerliche Existenzen damals typisches Engagement in zahlreichen Vereinen und seine erheblichen Spenden zugunsten verschiedenster sozialer Projekte. Am 01.07.1892 war er gemeinsam mit Gründervater ''Leo Stainer'' und dem Metzger Hans Hörtnagl vom Innsbrucker Turnverein kommend als Steiger in die Freiwillige Feuerwehr Innsbruck eingetreten. 1897 wechselten alle drei im Rahmen einer durch Branddirektor Viktor Baron Graff in Gang gebrachten Reorganisation in die Sanitätsabteilung der Feuerwehr. Als am 12.04.1907 aus der Sanitätsabteilung die Rettungsabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Innsbruck, die ab 01.10.1907 den öffentlichen Rettungsdienst durchführte, geschaffen wurde, war er damit eines der drei ältesten Gründungsmitglieder des Roten Kreuzes Innsbruck.
Die Schenkung der Berghütte an die Rettungsabteilung sollte ausdrücklich der Pflege der Kameradschaft und der Erholung der Mitglieder dienen. Diesem Zweck dient sie nach wie vor. Die Hütte ist daher nicht öffentlich zugänglich. Zur Ehre des Gönners wurde die Hütte bei der Hüttenweihe am 06.10.1918 „Mundinghütte“ getauft.
Das Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck beherbergt neben anderem Material insgesamt sieben Hüttenbücher der Mundinghütte. Die Bücher schließen zeitlich nicht immer aneinander an, teilweise überschneiden sich die Laufzeiten. Das älteste der Bücher geht auf die Zeit der Kralingerhütte zurück. Es beginnt im Jahre 1911 und endet 2009. Im folgenden einige ausgewählte Einträge daraus zur Anfangsgeschichte der Mundinghütte.
Ernst Pavelka