Exponat des Monats 06/2021: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Rotkreuz Museum Innsbruck
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 9: Zeile 9:
=== Der Bruker Defigard 2002 ===
=== Der Bruker Defigard 2002 ===


Beim ''Bruker Defigard 2002'' handelte es sich um einen [https://de.wikipedia.org/wiki/Defibrillator '''Defibrillator'''] mit '''EKG-Monitor''', der mittelst Steckmodulen um zusätzliche diagnostische und therapeutische Funktionen erweitert werden konnte. Er wurde im Frühjahr 1990 von der Fa. ''Bruker Medizintechnik'' (auch ''Bruker Medical'', ''Bruker Elektromedizin''), einem 1976 gegründeten Subunternehmen des seit 1960 bestehenden us-amerikanischen Medizinprodukteherstellers [https://www.bruker.com/ ''Bruker''], auf den Markt gebracht. [https://www.bruker.com/ ''Bruker''] hatte seit 1972 Defibrillatoren hergestellt. ''Bruker Medical'' wurde gemeinsam mit ''Bruker Medical Cardio'' im März 2000 vom seit 1971 bestehenden, schweizerischen Medizinproduktehersteller [https://www.schiller.ch/ ''Schiller''] unter Weiterführung des Werksstandortes im elsässischen [https://www.openstreetmap.org/relation/1144006 ''Wissembourg''] übernommen. Der [https://www.schiller.ch/ ''Schiller''] produzierte den''Defigard 2002'' zunächst weiter, schied ihn Ende 2001 aber aus, um ihn vom ''Defigard 1002'' sowie dem ''Defigard 6002'' (2002) ablösen zu lassen.
Beim ''Bruker Defigard 2002'' handelte es sich um einen [https://de.wikipedia.org/wiki/Defibrillator '''Defibrillator'''] mit '''EKG-Monitor''', der mittelst Steckmodulen um zusätzliche diagnostische und therapeutische Funktionen erweitert werden konnte. Er wurde im Frühjahr 1990 von der Fa. ''Bruker Medizintechnik'' (auch ''Bruker Medical'', ''Bruker Elektromedizin''), einem 1976 gegründeten Subunternehmen des seit 1960 bestehenden us-amerikanischen Medizinprodukteherstellers [https://www.bruker.com/ ''Bruker''], auf den Markt gebracht. [https://www.bruker.com/ ''Bruker''] hatte seit 1972 Defibrillatoren hergestellt. ''Bruker Medical'' wurde gemeinsam mit ''Bruker Medical Cardio'' im März 2000 vom seit 1971 bestehenden, schweizerischen Medizinproduktehersteller [https://www.schiller.ch/ ''Schiller''] unter Weiterführung des Werksstandortes im elsässischen [https://www.openstreetmap.org/relation/1144006 ''Wissembourg''] übernommen. [https://www.schiller.ch/ ''Schiller''] produzierte den ''Defigard 2002'' zunächst weiter, schied ihn Ende 2001 aber aus, um ihn vom ''Defigard 1002'' sowie dem ''Defigard 6002'' (2002) ablösen zu lassen.


=== Ankauf des ''Bruker Defigard 2002'' ===
=== Ankauf des ''Bruker Defigard 2002'' ===

Version vom 10. Juni 2021, 04:02 Uhr

Defigard 2002 / Bruker Medizintechnik GmbH, 1992

Bis zum Frühjahr 1999 war der Einsatz von Defibrillatoren gesetzlich ausschließlich Ärzten vorbehalten. Rettungstransportwägen der Freiwilligen Rettung Innsbruck waren daher vor September 1999 nicht mit Defibrillatoren bestückt. Auf dem in Innsbruck seit November 1985 in Betrieb stehenden Notarztwagen (NAW) verhielt es sich anders: Dieser war von Anfang an mit Defibrillatoren mit Monitoring-Funktionen wahrscheinlich des Typs Physio-Control Lifepak 5 ausgestatten gewesen. 1992 wurden die ersten Defibrillatoren durch zwei Modelle des Typs Bruker Defigard 2002 ersetzt. Die beiden Exemplare samt Ladehalterung befinden sich heute im Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.


Bruker Defigard 2002 mit Zubehörtaschen Akku, sowie Steckmodulen für Trankutanschrittmacherfunktion und Nebenstromkapnometrie, 1992. – Maße lt. Herstellerangabe ohne Zubehörtaschen: 33,6 x 27,6 x 54,8 cm (B x T x H). – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.

Der Bruker Defigard 2002

Beim Bruker Defigard 2002 handelte es sich um einen Defibrillator mit EKG-Monitor, der mittelst Steckmodulen um zusätzliche diagnostische und therapeutische Funktionen erweitert werden konnte. Er wurde im Frühjahr 1990 von der Fa. Bruker Medizintechnik (auch Bruker Medical, Bruker Elektromedizin), einem 1976 gegründeten Subunternehmen des seit 1960 bestehenden us-amerikanischen Medizinprodukteherstellers Bruker, auf den Markt gebracht. Bruker hatte seit 1972 Defibrillatoren hergestellt. Bruker Medical wurde gemeinsam mit Bruker Medical Cardio im März 2000 vom seit 1971 bestehenden, schweizerischen Medizinproduktehersteller Schiller unter Weiterführung des Werksstandortes im elsässischen Wissembourg übernommen. Schiller produzierte den Defigard 2002 zunächst weiter, schied ihn Ende 2001 aber aus, um ihn vom Defigard 1002 sowie dem Defigard 6002 (2002) ablösen zu lassen.

Ankauf des Bruker Defigard 2002

Nachdem im Juni 1989 durch vermutlich falsche Handhabung ein rund öS 30000,–– teurer Hochspannungskondensator eines der NAW-Defibrillatoren kaputt gegangen war, wurde im Geschäftsführenden Ausschuss der Freiwilligen Rettung Innsbruck die Anschaffung eines Ersatz-Defibrillators überlegt. Zeitgleich kündigte der Landesverband Tirol des Österreichischen Roten Kreuzes an, zehn Defibrillatoren an die Tiroler Rotkreuz-Bezirksstellen verteilen zu wollen. Von dieser Verteilaktion sollte die Bezirksstelle Innsbruck zwar mit der Begründung ausgenommen sein, dass bei ihr im Rahmen des Notarzwagenbetriebes ohnehin Defibrillatoren vorhanden wären, doch stellte der Landesverband im Zusammenhang mit der geplanten Ausrollung der Geräte eine Produktschau in Aussicht. Der Ausschuss des Roten Kreuzes Innsbruck beschloss daher mit der Beschaffung des Ersatzdefibrillators noch zuzuwarten, um sich auf der für den 28.09.1989 geplanten Ausstellung des Landesverbandes einen überblick über am Markt verfügbare Geräte verschaffen zu können. Auf dieser Produktschau wurde der Defigard 2002 dem Tiroler Roten Kreuz wohl erstmals vorgestellt. Im Frühjahr 1990 sollte er für rund öS 140000 auf den österreichischen Markt kommen. Obschon die Anschaffung eines Defigard 2002 als Ersatz-Defibrillator vom Roten Kreuz Innsbruck damals schon ins Auge gefasst worden war, entschied man sich dann doch wieder für einen Lifepak 5, weil man nicht bis zum Frühjahr warten zu können glaubte.

Am 28.06.1990 veranstaltete das Rote Kreuz Tirol eine weitere Produktmesse für Defibrillatoren. Bei dieser wurde neben dem Bruker Defigard 2002 der Physio-Control Lifepak 10 in die engere Wahl genommen. Um eine belastbare Entscheidung, welches Gerät man bevorzugen sollte, fällen zu können, wurde beschlossen, beide Defibrillatoren vier Wochen lang im Notarzwagenbetrieb zu testen. Über das Ergebnis des Testbetriebes ist nichts bekannt. Im Dezember 1990 beschloss das Rote Kreuz Tirol allerdings den Ankauf von zehn Lifepak 10. Von diesen hätte die Freiwillige Rettung Innsbruck nun doch ein Exemplar erhalten, wenn nicht die ärztliche Leitung des Notarztwagenbetriebes das Gerät abgelehnt hätte, weil ihr der Bruker Defigard 2002 lieber gewesen wäre. Bezüglich einer selbständigen Anschaffung des Defigard wollte sich der Ausschuss des Roten Kreuzes Innsbruck abwartend verhalten, weil Ende 1990 für das neu auf den Markt gekommene Gerät Zubehör noch nicht erhältlich war und er den Defigard als zu wenig erprobt einschätzte.

Erst zwei Jahre später, im Dezember 1992, wird die Freiwillige Rettung Innsbruck selbst zwei Bruker Defigard 2002 um letztlich öS 560000,–– bei der Fa. Chemomedica bestellen – vorläufig noch ohne Blutdruckmodul, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht lieferbar war. Im Feber 1993 wurden die beiden Bruker Defigard 2002 geliefert und mit der Einschulung der Mannschaft begonnen. Die offizielle Übergabe fand im Rahmen eines Medientermins am 26.02.1993 im Kaufhaus DEZ statt. Die Örtlichkeit war der Finanzierung geschuldet: Einer der Defibrillatoren konnte aus dem Erlös einer Glücksspielaktion, bei der im November und Dezember 1992 im DEZ 60000 Lose zugunsten des Roten Kreuzes Innsbruck verkauft worden waren, angeschafft werden.

Bruker Defigard 2002 mit aus der Halterung entnommenen Defibrillationselektroden, 1992. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Vor dem Einsatz der „Hardpaddles“ mussten die Kontaktflächen der Elektroden mit leitfähiger Elektrodenpaste bestrichen werden.
Elektrodengriff des Bruker Defigard 2002, 1992. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Mit Hilfe des Drehknopfes wird die erforderliche Energiemenge im Bereich von 5 bis 360 J vorgewählt. Die Tasten an den Oberseiten der Paddles dienen dazu, zuerst auf die eingestellte Energiemenge aufzuladen und dann den elektrischen Impuls auszulösen. Erfolgt die Auslösung des elektrischen Impulses nicht innerhalb von 20 Sekunden, kommt es zu einer Sicherheitsentladung. Unmittelbar nach der Schockabgabe registriert der eingebaute Schreiber ein EKG von zehn Sekunden mit 3,5 Sekunden Vorgeschichte. Der Drucker kann auch manuell mit Hilfe einer zusätzlichen Taste an der Seite des linken Griffes gestartet werden.
Datenschreiber des Bruker Defigard 2002, 1992. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Mit Hilfe des Datenschreibers kann u. a. ein über die Defibrillationselektroden oder ein EKG-Kabel gewonnenes Elektrokardiogramm gedruckt werden. Das Gerät beherrscht die Darstellung von Extremitäten- wie Brustwandableitungen. Hier im Bild sehen wir den Ausdruck einer Datentabelle für Vitalparameter. Ein projektierter, todesmutiger Selbstversuch des Archivars des Roten Kreuzes Innsbruck, sich ein EKG abzunehmen, scheiterte an einem entweder defekten Kabel oder Stecker. Das Ergebnis zeitigte massive, nicht behebbare Artefakte, wie sie normalerweise bei störenden elektromagnetischen Feldern zu sehen sind. Das SpO2-Modul, um die Datentabelle wenigstens mit Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung füllen zu können, ist leider genausowenig erhalten wie das dazugehörende Kabel mit Sensor.
Zusatzmodul für transkutanenen Herzschrittmacher DG 2000 E, Akku der Fa. Bruker und Modul DG 2002 C zur Nebenstromkapnometrie des Bruker Defigard 2002, 1992–1996. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Der Bruker Defigard 2002 konnte durch Zusatzmodule um Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie (Messung der Sauerstoffsättigung), Herzschrittmacherfunktion, Nebenstromkapnometrie (Messung des Kohlendioxidgehaltes in der Ausatemluft), Halbautomatenmodus durch Überwachung auf Kammerflimmern oder ventrikuläre Tachykardie sowie Datenübertragungsfunktion erweitert werden. Die Zusatzmodule hatten dieselbe Bauform wie die Akkumulatoren, sodass sie in die entsprechenden Einschübe passten, waren aber mit einem eigenen Batteriefach ausgestattet. Das abgebildete Modul zur Nebenstromkapnometrie wurde auf Wunsch von Univ.-Prof. Dr. Gunnar Kroesen, des Vorstandes der Abteilung für Notfallmedizin, unter der der Notarztwagen betrieben wurde, nach anfänglicher Skepsis von Seiten der Freiwilligen Rettung Innsbruck im Juli 1996 angeschafft. Die Kosten beliefen sich auf öS 50000,––. 1997 dürfte auf Wunsch des späteren Nachfolgers von Univ.-Prof. Dr. Gunnar Kroesen, Univ.-Prof. Dr. Michael Baubin, noch das Modul zur Datenübertragung auf einen PC dazugekommen sein, um die erfassten Daten wissenschaftlich auswerten zu können.
Einschub für Akkus und Zusatzmodule mit eingesetztem Akku der Fa. Schiller und Zusatzmodul für Nebenstromkapnometrie, 1996–2000. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.
Bruker Defigard 2002 in der Ladehalterplatte, 1992. – Archiv der Freiwilligen Rettung Innsbruck.

Ernst Pavelka, 09.06.2021